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Die faszinierende Welt der Nacht - Einblicke in das Leben tropischer Fledermäuse

Karl-von-Frisch-Vortrag von Prof. Kalko am 20.11.2001

Dr. Heinz Weigold schreibt in seiner Einladung:

1995 hatte die Suche nach einem Namen für das 1991 gegründete Gymnasium auf dem Höhnisch Erfolg. Als Namenspatron wurde Karl von Frisch gewählt. Seither findet jedes Jahr um den 20. November, seinem Geburtstag, ein naturwissenschaftlicher Vortrag an unserer Schule mit dem Ziel statt, von einem renommierten Wissenschaftler ein Thema aus seinem Arbeitsgebiet so vortragen zu lassen, dass es eine breite interessierte Zuhörerschaft versteht. In diesem Jahr (2001) ist es uns gelungen, Frau Prof. Dr. Elisabeth Kalko zum Vortrag zu gewinnen. Sie ist eine der jüngsten Professorinnen der Zoologie und lehrt und forscht in der Abteilung „Experimentelle Ökologie der Tiere“ an der Universität Ulm. Sie wird über das Thema „Die faszinierende Welt der Nacht - Einblicke in das Leben tropischer Fledermäuse“ referieren. Dazu laden wir Sie recht herzlich ein. Der Vortrag findet statt am Dienstag, dem 20. November 2001, 19.00 Uhr, in der Aula unseres Gymnasiums.

Frau Prof. Kalko wird über die Vielfalt der Fledermäuse, die in den Tropen besonders hoch ist, berichten. In den tropischen Tieflandregenwäldern findet man bis zu hundert Arten. Dabei stellt sich die Frage, wie so viele Arten nebeneinander koexistieren können und welche Rollen sie im komplexen Gefüge tropischer Ökosysteme spielen. Frau Prof. Kalko bezieht sich bei der Beantwortung auf eigene Forschungsarbeiten und deren Ergebnisse, die sich aus vielen Freilanduntersuchungen mit technisch faszinierenden Versuchseinrichtungen ergaben. Sie entwickelte moderne Beobachtungstechniken mit Kombinationen von Infrarotvideo, Lautaufnahmen der Echoortungssignale und Telemetrie.

Fledermaus

Sie möchte mit ihrem Vortrag an ausgewählten Beispielen Licht in das Dunkel des tropischen Regenwaldes bei Nacht bringen und mit Bild und Ton in die geheimnisvolle Welt dieser fliegenden Säugetiere einführen.

Ich denke, dass dieses Thema biologische Fachleute in gleicher Weise wie Schüler, Eltern, Lehrer und alle interessierten Bürger ansprechen und auch Verständnis für die Fledermäuse wecken wird.

Wir würden uns über Ihr Kommen freuen.

Im Auftrag des Fachbereiches Biologie am Karl-von-Frisch-Gymnasium
Dr. Weigold

Frau Prof. Kalko schreibt zu ihrem Vortrag: Prof. Kalko

Mit nahezu 1000 Arten weltweit sind Fledermäuse neben den Nagern die artenreichste Gruppe der Säugetiere. Ihre Viefalt ist in den Tropen besonders hoch. Dort findet man in einigen tropischen Tieflandregenwäldern bis zu 100 Arten. Wie können so viele Arten miteinander koexistieren und welche Rollen spielen sie für das komplexe Gefüge tropischer Ökosysteme? Fledermäuse sind in faszinierender Weise an ihre nächtliche Lebensweise angepasst. Vielfalt in Form und Funktion ihrer Körpergestalt sowie ein komplexes Orientierungssystem (Echoortung) ermöglichen ihnen die Nutzung einer Vielzahl von Ressourcen. Als Prädatoren, Samenverbreiter und Bestäuber nehmen sie Schlüsselstellungen in tropischen Ökosystemen ein. Erst die Entwicklung moderner Beobachtungstechniken (Infrarotvideo, Lautaufnahmen der Echoortungssignale, Telemetrie) und erste Ergebnisse aus Langzeitstudien über Gemeinschaftsstruktur und -dynamik dieser vielfältigen und bisher nur wenig in ihrer Diversität untersuchten Tiergruppe ermöglichen es nun, erste Einblicke in die Bedeutung von Chiropteren für den Erhalt tropischer Vielfalt zu erhalten. In meinem Vortrag möchte ich an ausgewählten Beispielen Licht in das Dunkel des tropischen Regenwaldes bei Nacht bringen und mit Bild und Ton in die faszinierende Welt dieser fliegenden Säugetiere einführen.

Artikel im Schwäbischen Tagblatt vom 23.11.2001

Fledermäuse zum Fest

Gymnasium feierte Karl von Frischs Geburtstag

DUSSLINGEN (sum). Wie jedes Jahr, wenn das Gymnasium auf dem Höhnisch den Geburtstag seines Namensgebers Karl von Frisch feiert, war die Aula proppenvoll. Die Ulmer Professorin Elisabeth Kalko berichtete am Dienstagabend über ihre Fledermaus-Forschungen in Panama.

In den Tropen ist alles bunter und vielfältiger, so auch die Fledermäuse. Bringt es ganz Europa grade mal auf 30 Arten, so zählt man in dem 70 Quadratkilometer großen Forschungsgebiet in Panama über 70 Arten, und jedes Jahr kommen neue hinzu, erzählte Elisabeth Kalko. Es gibt gelbe und fuchsrote, geisterweiße oder im Baumrindenmuster getarnte Ausgaben. Manche haben Nasen wie Blätter, andere riesige Trichterohren. Einzelne Fledermausarten richten ihre Kinderstuben in Termitenbauten ein, manche bauen sich Zelte aus großen tropischen Baumblättern. Auch die Nahrungsgewohnheiten der Fledermäuse mit einem Gewicht von zwei bis 180 Gramm seien ganz unterschiedlich. Viele leben von Insekten, es gibt aber auch Arten, die sich ausschließlich von Früchten, Fischen und Fröschen ernähren. Und einige ganz wenige Arten saugen tatsächlich Blut, erklärte die Forscherin.

In feinen Japan-Netzen fing sie auf der Barro-Colorado-Insel die Nachttiere, um sie zu vermessen und von ihren hochfrequenten Lauten Ultraschallaufnahmen zu machen. In stark verlangsamter Form sind sie auch für Menschen wahrnehmbar und das Auditorium in der Aula konnte hören, wie unterschiedlich die Fledermaus-Schreie klingen.

Um die Aktionsräume der Fledermäuse kennenzulernen, klebte Kalko den Tieren winzige Sender auf den Rücken. Durch diese Radiotelemetrie kam sie der Gildenstruktur der Fledermäuse auf die Spur. Die Froschfänger jagen in großem Umkreis, erzählte sie, die Insektenjäger dagegen bleiben innerhalb eines Zirkels von 200 Metern, die Wartejäger schließlich bewegen sich kaum von der Stelle „und schmeißen sich dann wie ein Regenschirm auf ihr Opfer“, sagte sie. Durch diese Nahrungs-Spezialisierung bleibe trotz enger Besiedelung das ökologische Gleichgewicht erhalten. Symbiotisch ergänzt werde dieses System durch ein entsprechendes Nahrungsangebot. Die grüne Tropenfeige etwa sondert nur bei Nacht einen starken Duft aus und lockt damit fruchtfressende Fledermäuse an, die anschließend für die Verbreitung der Feigen-Samen sorgen.

In der Pause verkauften die Schulkinder ihre im Schulgarten gezogenen Produkte. Danach gab es Gelegenheit zur Diskussion, zum Beispiel darüber, ob man Fledermäuse dressieren kann. „Besonders die Blattnasen lernen unglaublich schnell“, bestätigte die Forscherin.

Artikel im Reutlinger Generalanzeiger vom 22.11.2001

Freunde für die Fledermäuse

Biologin Elisabeth Kalko beim Frisch-Tag des Gymnasiums auf dem Höhnisch

Gomaringen / Dußlingen. (mwm) Sie werden noch heute als unheimlich und schrecklich empfunden, haben gar etwas Mystisches an sich. Auf jeden Fall sind Fledermäuse aufregend und spannend für die Wissenschaft. Deshalb widmete ihnen in diesem Jahr das Karl-von-Frisch-Gymnasium den alljährlichen Abend zu Ehren des Namenspatrons. Zu Gast war eine der jüngsten Zoologinnen Deutschlands: Elisabeth Kalko von der Universität Ulm.

„Die Fledermaus braucht Freunde“, zitierte Rektor Heinz Weigold, der selbst Biologe ist, den Titel eines Kinderbuchs. „Ich hoffe“, fuhr er fort, „dass die Fledermäuse nach dem Vortrag viele Freunde haben werden.“ Bevor im Anschluss an der Vortrag noch Fragen an die Referentin gestellt werden konnten, gab es am Büfett eine kleine Stärkung: Baguettescheiben mit Camembert und Quiche Lorraine zum Essen, Cidre und französische Orangenlimonade zum Trinken. Der Erlös des Verkaufs kommt dem Austausch mit der französischen Partnerschule in Caen in der Normandie zu Gute. Die Biologie-AG der Schule bot in der Pause neben Postkarten auch Kartoffeln und Marmelade sowie getrockneten Lavendel aus dem Duftgarten des Gymnasiums zum Kauf an.

Elisabeth Kalko, die in Tübingen bei Professor Hans-Ulrich Schnitzler promoviert hat, war die erste Frau, die an dem seit 1995 veranstalteten Karl-von-Frisch-Tag im Gymnasium aus der Welt der biologischen Forschung berichtete. Dieser Tag wird jährlich am oder um den 20. November anlässlich des Geburtstags des Namenspatrons der Schule mit einem wissenschaftlichen Vortrag begangen, der ganz nach dem Wunsch des großen Biologen beitragen soll, Wissenschaft einem breiten Publikum verständlich zu machen.

Seit zehn Jahren beschäftigt sich die Zoologin Elisabeth Kalko intensiv mit Fledermäusen. Sie lehrt und forscht in der Abteilung „Experimentelle Ökologie der Tiere“ an der Universität Ulm. Da es in den Tropen eine größere Artenvielfalt gibt, erforscht sie die Tiere auf einer kleinen, mit Regenwald bedeckten Insel in Panama. Das Smithsonian Tropical Research Institute Panama betreibt dort eine Forschungsstation.

Auf der nur fünfzehn Quadratkilometer großen Insel leben 70 Fledermausarten. Gerade einmal zwei Gramm wiegt die kleinste unter ihnen und etwa 180 Gramm die größte. Ihre Namen klingen so eigenwillig wie die mit den Händen fliegenden Tiere auch aussehen: Vampirfledermaus, Blattnasenfledermaus und Bulldoggenfledermaus. Erstere wird dem düsteren Ruf gerecht: Sie ernährt sich ausschließlich von Wirbeltierblut.

Zu den Feinden der Fledermäuse zählen Eulen, Schlangen, Affen und vor allem der Mensch. „Für Affen sind die unter Blätter hängenden Fledermäuse so etwas wie ein Sandwich“, erzählt die Biologin. Und von Menschen werden sie getötet, weil sie Tollwut übertragen können.