Das Rätsel Bienensterben - Fakten, Ursachen und mögliche Gegenmaßnahmen

In diesem Jahr war PD Dr. Peter Rosenkranz von der Landesanstalt für Bienenforschung, die an der Universität Hohenheim beheimatet ist, am KvFG zu Gast. Er sprach zu einem zu Karl von Frisch bestens passenden Thema: „Das Rätsel Bienensterben – Fakten, Ursachen und mögliche Gegenmaßnahmen“. Herr Rosenkranz hob gleich zu Beginn darauf ab, dass er nicht nur von Berufs wegen mit Bienen zu tun habe, sondern selbst auch ein aktiver Imker sei. Bei dieser Gelegenheit begrüßte er sogleich mehrere ihm bekannte Imker im Publikum in der sehr gut besuchten KvFG-Aula.

Vortrag von Herrn PD Dr. Rosenkranz Herr PD Dr. Rosenkranz

Einen ersten Komplex widmete Herr Rosenkranz der Bedeutung und Differenzierung der Bienen. Zu den Bienen gehören nicht allein die uns bekannten Honigbienen, sondern weltweit ca. 20.000 Bienenarten, zu denen auch die Hummeln und die oft bodennistenden und solitärlebenden Wildbienen gehören. In Deutschland kommen ca. 580 Arten von Bienen vor.

Herr PD Dr. Rosenkranz Honigbienen gelten laut Herrn Rosenkranz als „Superorganismus“: Zwischen 8.000 und 40.000 Bienen leben in einem Stock und das Bienenvolk zählt als Einheit, während die einzelne Biene weniger Bedeutung hat. Im Sommer sterben täglich 1000 Bienen eines Volkes und 1000 Bienen werden neu geboren. Dafür legt die Königin in einem sozial bestens organisierten Staat jeden Tag 1500 Eier. Die Bienen stehen heute wegen ihrer Leistung bei der Bestäubung nach der Kuh und dem Schwein an dritter Stelle bei der Bedeutung der Tiere für den Menschen. Der auf einen monetären Betrag umgerechnete globale Nutzen der Bestäubung beläuft sich dabei auf 265.000.000.000 €.

Herr Rosenkranz gab zudem einen Überblick über die Entwicklung der Honigbienen: Weltweit gebe es keine Einbrüche bei der Zahl der Honigbienen, aber in Europa gingen nach 1990 die Bienenzahlen deutlich zurück, was er auf den Zusammenbruch des Sozialismus und das Wegfallen der zuvor organisierten Abnehmerstrukturen zurückführte. In den letzten Jahren nehmen aber auch in Deutschland die Zahlen der Honigbienenvölker wieder zu – gleichzeitig mit einem deutlich gestiegenen Interesse am Thema „Bienen“. Herr Rosenkranz folgert daraus, dass die Entwicklung der Zahl der Bienenvölker kein Kriterium für Umwelteinflüsse sei, sondern vielmehr sozioökonomische Implikationen widerspiegle. Wildlebende Honigbienenvölker seien hingegen seit der Mitte des vorletzten Jahrhunderts quasi ausgestorben.

Verkauf der Handarbeits-AG Verkauf der Bienen-AG

„Die Imkerpraxis verbreitet Krankheiten!“ – diese These vertrat Herr Rosenkranz hinsichtlich eines eingeschleppten Parasiten, der ursprünglich aus Asien stammt: die Varroamilbe (Varroa destructor). Die Varroamilbe saugt Blut der Bienen und pflanzt sich innerhalb von verdeckelten Brutzellen der Bienen fort. Die Anzahl der Milben kann dabei im Frühjahr und Sommer so sehr anwachsen, dass die Bienenvölker geschwächt werden und den Winter nicht überleben. Daher müssen Imker die Milben beispielsweise durch spätsommerliche Behandlung mit Ameisensäure bekämpfen. Laut dem langjährigen deutschen Bienenmonitoring liegen die Verluste über den Winter bei ca. 12 bis 14 % (jährlich schwankt der Wert etwas hin und her, was mit dem Varroa-Befall korreliert). Herr Rosenkranz quantifiziert die Varroamilbe sogar als das derzeit größte Problem der Imkerei.

Ein weiterer Aspekt fürs Sterben der Bienen begründet sich durch den drastisch reduzierten Lebensraum für Bienen. Dies liege zum einen an der stark zunehmenden Flächeninanspruchnahme durch den Menschen, die häufig mit Versiegelung einhergeht. Ein zusätzliches Problem für die Bienen sei die intensive Grünlandwirtschaft mit Silageherstellung, bevor die Blüte auf den Wiesen einsetzt. Gleichzeitig stelle zu häufiges Mähen auch bei Streuobstwiesen selbst bei naturnahen Flächen eine große Schwierigkeit für die Bienen dar. Auch Pflanzenschutzmittel wurden an der Landesanstalt intensiv untersucht: In Rückstandsanalysen wurden durch Blütenspritzungen 98 Wirkstoffe festgestellt, allerdings alle im Spurenbereich, so dass man nicht von einer akut bienentoxischen Konzentration sprechen könne. Auch die Kontamination durch Staub beim Aussäen von gebeiztem Maissaatgut wurde thematisiert.

Honig für den Imker Herr PD Dr. Rosenkranz und Herr Dr. Hepp

Gibt es nun statt dem Bienensterben ein Insektensterben? Feststellbar sei, dass die Biodiversität verlorengehe. Man könne dies festmachen an einem auch in Deutschland spürbaren dramatischen Rückgang wildlebender Bestäuber (u.a. Wildbienen). Als Ursachen sieht Herr Rosenkranz die Landschaftsveränderungen durch den Menschen, die intensive Landnutzung, den Einsatz von Pestiziden oder Lichtfallen. Hingegen nehme die Zahl der Honigbienen zu, solange es Imker gebe.

Was gibt es nun für Möglichkeiten, um gegen die negativen Folgen vorzugehen?

  • Streifenanbau von Baumholz und mehrjährige Blühmischungen
  • Randstreifen / Blühstreifen, die aber mehrjährig sein sollten
  • artenreiches Grünland
  • insektenschonendes Mähen, z.B. mit dem Balkenmäher
  • durchwachsende Silphie für die Bioenergie, die allerdings 10 % weniger Ertrag beim Biogas bringt als Mais
  • gepflegte Streuobstlandschaften (seit 1965 ist ein Rückgang von 75 % festzustellen!)
  • Totholzvorkommen belassen
  • Kleinraumbiotope schaffen
  • Herbizidverzicht

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Herrn PD Dr. Rosenkranz für seinen aktuellen, interessanten und sehr gut nachvollziehbaren Vortrag!

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  • Zuletzt geändert: 2021/09/19 19:48
  • von Matthias Friederichs